Buy-and-Hold mit Aktien - Teil 1

Wann lohnen sich Langfristanlagen in Aktien?

Autor: Marco Schai – 15.11.2019

Intro

Die meisten Rendite- oder Zinseszins-Darstellungen sind nur theoretischer Natur. In der Praxis fallen Kosten und Steuern an, die unbedingt berücksichtigt werden müssen. Ansonsten startet man mit völlig überzogenen Erwartungen und in der eigenen praktischen Umsetzung kommt die Ernüchterung.

 

Nur mit dem richtigen Fokus wird man als Investor das Abenteuer Börse langfristig durchhalten & dann auch erfolgreich sein.

 

Wir zeigen euch in dem ersten Teil zu „Buy-and-Hold mit Aktien“, welche Rendite-Berechnungen mathematisch korrekt sind und warum sich langfristige Anlagen bisher immer gelohnt haben. Wir zeigen im Zinseszinsrechner verschiedene Szenarien und waren selbst wieder über die großen Unterschiede erstaunt.

 

Im kommenden zweiten Teil werten wir dann den SPI Performance Index (SPI® TR) seit dem Indexstart Mitte 1988 bis heute differenziert aus. Zudem zeigen wir wiederum beispielhaft anhand eines Zinseszinsrechners, welche Werte man eingeben soll, um realistische, langjährige Prognosen nach Kosten, Steuern und Inflation zu erstellen. 

Ab wann hat sich eine Langfristanlage in Schweizer Aktien in der Vergangenheit gelohnt? 

Die Bank Pictet & Cie veröffentlichte im Januar 1988 erstmals die Langfriststudie, bei der Schweizer Aktien mit Obligationen verglichen wurden. Seit 1998 werden die Daten jährlich durch Pictet aufdatiert. Das SoftQuote-Team verwendet für die eigenen Erkenntnisse die Datenreihe von 1926 bis 2018 aus der Pictet- Studie. Unsere wichtigsten Erkenntnisse zeigen wir hier in unserer Blog-Reihe auf. Für die kompletten Resultate und Auswertungen verweisen wir auf die Originalstudie.

Rendite und Risiko

Gemäss Abbildung 1 betrug die reale Aktienrendite (kaufkraftbereinigt / abzüglich 2.1% Inflation) in den letzten 93 Jahren durchschnittlich 7,4%, während Anleihen mit 2,4% rentierten.*

*Die durchschnittlichen Renditen sind in der Abbildung 1 als arithmetische Mittelwerte angegeben, was für eine kurzfristige Betrachtung von einem Jahr methodisch sinnvoll ist. Für längere Zeitperioden von mehreren Jahren ist die geometrische Rendite aussagekräftiger. Für die Langfristbetrachtung verwenden wir später in diesem Blog-Beitrag die geometrischen Renditen.

Abbildung 1: Statistische Eigenschaften von Aktien und Obligationen
(Real = kaufkraftbereinigt / abzüglich der effektiven jährlichen Inflation)  

Quelle: Die Performance von Aktien und Obligationen in der Schweiz (1926-2018): Update; Banque Picet & Cie SA, Zürich, Januar 2019, Tabelle 1, Seite 3:

 

https://static.group.pictet/sites/default/files/2019-01/20181231-Performance-Update-DE.pdf (Abrufdatum 16.10.2019) 


Wir haben die oben genannten Werte in einen kostenfreien Online-Zinseszinsrechner eingegeben und folgende Werte erhalten: 

Abbildung 2: Zinseszinsrechner mit 30 Jahren Laufzeit und 9,50% arithmetischer Rendite

Quelle: www.Zinseszinsrechner.biz (Abrufdatum 05.11.2019)


Abbildung 3: Zinseszinsrechner mit 30 Jahren Laufzeit und 7,60% geometrischer Rendite

Quelle: www.Zinseszinsrechner.biz (Abrufdatum 05.11.2019) 


Abbildung 4: Zinseszinsrechner mit 30 Jahren Laufzeit und einer jährlichen Versteuerung bei 7,60% geometrischer Rendite
 
Quelle: www.Zinseszinsrechner.biz (Abrufdatum 05.11.2019) 


Die Ergebnisse liegen sehr weit auseinander. Bei der oft verwendeten Wertentwicklung mit arithmetischer Rendite als Inputvariable im Rechner würden theoretisch aus 100€ nach 30 Jahren über 1.500€ entstehen.

Verwendet man die mathematisch korrekte geometrische Rendite stehen am Ende 900€ zu Buche. Bei einem langfristigen Buy-and-Hold-Ansatz muss man nun zumindest zum Auszahlungsende die Steuern in Deutschland abziehen.


Es bleiben somit von den 800,26 € Gewinn (Minus 26.25% Steuern) noch 590,19 Gewinne. Addiert man darauf die 100€ Startkapital kommt man auf 690,19€. Das sieht im Vergleich zu den 1.500€ dann schon ganz anders aus. (Wir lassen an dieser Stelle zur Vereinfachung den Umstand aussen vor, dass Dividendenausschüttungen in Deutschland jährlich versteuert werden.)

 

Wer also realistisch kalkuliert, tappt nicht in die Falle von zu hohen Erwartungen, die in der Realität nicht erreicht werden können.

 

Im nächsten Schritt betrachten wir am Beispiel von Schweizer Aktien auch die Auswirkung des Kaufkraftverlustes (Inflation).

Langfristige Schweizer Aktienrenditen

Die Abbildung 5 und 6 veranschaulichen die Wertentwicklung von Schweizer Aktien von 1926 bis 2018. Vor Abzug des Kaufkraftverlusts betrug die durchschnittliche, geometrische Rendite von Schweizer Aktien 7,6% versus 4,3% bei Festverzinslichen. In der Abbildung 3 ist auch die reale Wertentwicklung, nach Abzug der Inflation, veranschaulicht. Die reale Rendite von Schweizer Aktien betrug 5,5% versus 2,2% bei Anleihen. Der Renditevorsprung von Aktien gegenüber Obligationen betrug somit deutliche 3,3 Prozentpunkte. Die durchschnittliche geometrische Inflation hat in den letzten 93 Jahren bei 2,0% pro Jahr gelegen. 

Abbildung 5 (oben): Nominelle Wertentwicklung
Abbildung 5 (unten): Reale Wertentwicklung (kaufkraftbereinigt) von Aktien und Obligationen

Quelle: Die Performance von Aktien und Obligationen in der Schweiz (1926-2018): Update; Banque Picet & Cie SA, Zürich, Januar 2019, Abbildung 1 und 2, Seite 1:
https://static.group.pictet/sites/default/files/2019-01/20181231-Performance-Update-DE.pdf
(Abrufdatum 16.10.2019)


Die reale, kaufkraftbereinigte Wertentwicklung (15.087,93 CHF) weicht deutlich von der nominellen Wertentwicklung (94.079,50 CHF) ab.

Durch den Zinseszins-Effekt entstehen riesige Abweichungen, deren man sich bewusst sein sollte.

Fazit:

Eine Renditeberechnung (Zinseszinsberechnung) für langfristige Aktienanlagen über mehrere Jahre sollte nur mit der methodisch korrekten geometrischen Rendite und nicht mit der arithmetischen Rendite erstellt werden. Die Abweichungen sind sonst zu groß.

 

Auch das Thema Kaufkraftverlust sollte berücksichtigt werden. Diese Punkte sind allgemein gültig für alle Anlageformen.

 

Mit diesen wichtigen Grundlagen kann man realistische Erwartungen ableiten und mit der eigenen Umsetzung starten. 

 

Aber wie setzt man nun die Theorie in der Praxis um?

 

Dazu schauen wir uns im Teil 2 unserer Buy-and-Hold-Reihe erst einmal die Wertentwicklung des Swiss Performance Index (SPI® TR) seit 1988 (Indexstart) im Detail an. Insbesondere das Thema Risiko werden wir genauer betrachten und analysieren dazu die großen Rücksetzer im gesamten Zeitraum.